Das wahre Glück.
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Von Druck. Druck & der eigenen Verantwortung

Druck. Druck und Eigenverantwortung

Es ist Samstagmorgen fünf vor halb acht. Ich sitze mit verschränkten Beinen an meinem großen Holztisch und beobachte den Sohn, der sich gemütlich anzieht. Wirklich sehr gemütlich… Dabei weiß ich (und er weiß das auch), dass nachher, also eigentlich jetzt gleich, Fußballturnier ist. Und eigentlich müsste das hier alles schneller gehen. Zackzack irgendwie. Ihr wisst schon…

Aber hier zackzackt keiner. Ich schaue mich vorsichtshalber noch einmal um: Nö! Der Mann grinst mich an und nippt an seinem frisch gebrühten Kaffee. Ich chille weiter am Holztisch und beobachte das Kind beim Anziehen. Und das Kind – genau. Zieht sich weiter in Ruhe an.

Warum ich Dir von dieser Situation erzähle? Weil sie außergewöhnlich und wunderbar ist. Und kostbar. Und weil wir als Familie einen langen Weg gegangen sind, um diese Situation genau SO zu erleben. Und weil mich das unendlich dankbar macht…

Denn vor wenigen Jahren noch hätte dieser Morgen ganz anders aussehen können… Weil wir beiden Erwachsenen vielleicht ein wenig mehr so drauf waren, dass  das Leben schnell, hart und rauh sein muss. Und voll. Und dass Stress normal und vielleicht auch ein wenig schick ist. Und dass Erfolg mit Geld und Status zu tun hat. Eben mit dem, was “man” so darunter versteht. Und so wäre ich wegen zu viel Arbeit wahrscheinlich am Vorabend nicht mehr dazu gekommen, die Sachen zu packen, wäre daher vermutlich früh dann müde und gereizt durch die Bude gesprintet und hätte mit der Zahnbürste im Mund noch schnell die Tasche mit dem Fußballzeugs gerichtet. UND dem Mann dabei vorwurfsvolle Blicke zugeworfen, weil er da einfach so mit dem Kaffee sitzt und mir dieses blöde Taschepacken NICHT unaufgefordert abnimmt. Und dann hätte ich mich vielleicht ein wenig reingesteigert und angefangen, mich darüber zu beschweren, warum ALLES immer an mir hängenbleibt. Und hätte beim Vorbeirennen eventuell aus den Augenwinkeln mitbekommen, dass der Sohn sich (meiner Meinung nach viel zu langsam) anzieht und ihm das auch gleich noch schnell hingemotzt! Mit entsprechendem Unterton, versteht sich!

In der Zwischenzeit hätte der Mann vielleicht versucht, auf meinen Vorwurf zu antworten, aber ich hätte vermutlich nichts verstanden, weil mittlerweile der Sohn sich lauthals darüber beschwert hätte, dass ich mich dauernd über ihn beschwere. Und das wiederum hätte den Mann wütend gemacht, der dann dem Sohn zum wiederholten Male erklärt hätte, dass man nichts versteht, wenn alle durcheinander reden. Gut möglich, dass ich dem Sohn vielleicht beim nächsten Vorbeirennen diesbezüglich kurz oberlehrerhaft und immernoch mit Zahnbürste im Mund zugenickt hätte… worauf er aus Protest, dass Mama und Papa sich im Meckern immer einig sind, vermutlich das Anziehen ganz eingestellt hätte. Eine Tatsache, die mich wiederum rasend gemacht hätte, weil wir eh schon ziemlich knapp dran gewesen wären (was sollen die Leute denken!). Und DANN hätte ich zu schwitzen angefangen. Vermutlich wäre auch meine Stimme ein klein wenig schriller geworden, woraufhin mein Mann mir ruhig und sachlich versucht hätte klarzumachen, dass ich jetzt wirklich übertreibe… Und ja, ich bin mir fast sicher, dass dies keine gute Idee gewesen wäre, denn JETZT wäre ich vermutlich richtig laut geworden. Gut möglich, dass ich nun lang und breit über die Ungerechtigkeit im Leben als Frau und Mutter im allgemeinen geschimpft hätte, woraufhin der Mann wahrscheinlich die Augen gerollt und das (noch immer trotzende, unangezogene) Kind angefangen hätte zu weinen. Einfach um lauter zu sein als wir. Ein Umstand, der den Mann und mich möglicherweise endgültig in unseren jeweils persönlichen Grenzbereich geführt hätte…

Was ich eigentlich mit diesem frei erfundenen und zugegebenermaßen sehr zugespitzt dargestellten Szenario sagen will: Wir alle kennen es, wir alle hassen es, aber wir glauben noch viel zu oft, wir könnten nichts dagegen tun… Und das stimmt nicht! Wir haben in jedem Moment in der Hand, wie wir unser Leben nehmen. Nicht, wie es läuft und dass es doch bitte immer gut laufen möge (das können wir meiner Meinung nach nicht beeinflussen)… Aber wie wir mit dem, was sich Leben nennt, umgehen, liegt wirklich ganz allein bei uns…

Wir sind keine Opfer der Umstände. Und wir sind auch nicht zum Reagieren verdammt.

Nein! Wenn wir uns trauen, aus diesem Leben im Autopiloten auszusteigen und in uns hineinhören, was uns wirklich wichtig ist, dann können wir genau dem auch bewusst mehr Raum geben. Und uns bewusst dafür entscheiden, wie wir sein und leben wollen.

Und ja, it`s simple, but not easy…

Auch wir als Familie sind auf dem Weg… denn es hört nicht auf. Wir sind nie fertig. Leben lässt sich nicht in die Form pressen, die wir gern hätten. Es passiert einfach. Und es liegt an uns, wie wir es nehmen.

Wir haben uns für ganz viel Humor, Dankbarkeit, Gelassenheit, Respekt voreinander und tiefer Liebe zueinander entschieden… 

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