Der feine Unterschied.
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Vom richtigen Leben

richtig leben

Nur, damit du Bescheid weißt: Es ist jetzt morgens acht Uhr. Ich sitze in Jogginghose und mit meinen dicken Kuschelsocken daheim am Rechner und verfasse diesen Beitrag. Wach bin ich schon seit fünf, da der Sohn aktuell einfach fit ist um diese Zeit… *Händeüberdemkopfzusammenschlag*

Ich bin 37 Jahre alt. Habe BWL und Germanistik studiert (und abgeschlossen *grins*). Und ich habe die meiste Zeit während des Studiums in der wohl schönsten Groß-WG auf der ganzen weiten Welt gelebt… Inspiration & Austausch & Freundschaft & Wohlfühlen pur! Das Leben war mein Freund in dieser Zeit… Ich habe es in all seiner Vielfalt spüren dürfen. Liebeskummer, Prüfungsstress, Geldknappheit, Zweifel, Sorgen, Selbstfindung… alles war dabei… Ich habe GELEBT! Und mir viele Dinge gedacht für mich. Für die Zukunft. Und hauptsächlich ging es darum, es irgendwie anders zu machen als die da draußen…

Das „richtige“ Leben – damit konnte ich damals wenig anfangen. Das war mir ziemlich wurscht. Ich wollte MEIN Leben ganz allein erfinden. Gestalten. Ich war neugierig, randvoll mit Ideen, Lebenshunger, …

Dann war das Studium irgendwann vorbei und ich begann zu arbeiten. Und merkte relativ schnell, dass mir der Einstieg in die „Praxis“ da draußen dermaßen Energie abzog, dass ich zu müde wurde, mein Leben zu gestalten… Die Ideen wurden in Schubladen verpackt, die Neugier zur Ruhe gemahnt… Jetzt erstmal ernten. Also das, was ich mir mit dem Abschluss so hart erarbeitet hatte…

„Und es klappte.“

Im Gegensatz zu den manchmal blöden Sprüchen, die ich mir als Studentin anhören musste, begegneten mir die Menschen nun mit Respekt und wohligem Kopfnicken, wenn ich erzählte, was ich tat. Und Geld hatte ich plötzlich auch irgendwie. Regelmäßiges Einkommen.

Ich war müde, aber anerkannt.

Ich weiß noch, dass es in den ersten Jahren immer mal noch so einen Anfall von „HALT! STOPP! SO NICHT!“ gab… Momente, in denen mir klar wurde, dass das, was ich hier tat, vielmehr anderen gefiel als mir selbst. Auch wenn ich gern arbeitete – das Gesamtpaket „Leben“, was ich da lebte, passte mir in diesen Momenten so gar nicht (mehr)… Doch dann schaute ich mich um. Und beruhigte mich wieder… Alle lebten doch so. Alle machten ihren Job, hatten kaum Zeit, … passte schon. Ich war schon richtig… War wohl so. Das Leben.

Doch ich war müde. Und traurig…. aber anerkannt.

Dann ging das im Umfeld mit den Hochzeiten los. Und den Kindern. Ich dagegen hatte mit Anfang dreißig eine Trennung aufm Zettel und zog wieder in eine WG. Sah nach Spaß und Freiheit aus. In Wirklichkeit war da Einsamkeit, die mit Arbeit weggedrückt wurde… Arbeiten. Schlafen. Arbeiten. Schlafen. Arbeiten. Schlafen. Wie es mir wirklich in dieser Zeit ging? Lieber nicht…

Ich war müde, traurig, einsam. … anerkannt? Nicht mehr…

Und dann klirrte dieser Mann in mein Leben. Mitten in mein Chaos… Der Zeitpunkt hätte nicht dämlicher sein können! Und seit ich mit ihm zusammen bin, ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben… Ich glaube, er hat gesehen, dass da eine Frau mit Ideen in Kisten war. Eine Frau, die ihre Neugier auf`s Leben nicht raus ließ. Dass da Lebenshunger vor sich hindümpelte… warum auch immer… Er hat mich gesehen. Und dafür liebe ich ihn…

Und dafür, dass er mein ICH am WIR liebt.

Das mit dem eigenen Weg und dem Leben konnte er mir trotzdem nicht abnehmen. Das wäre auch nicht fair gewesen. Doch er hat die richtigen Knöpfe gedrückt, damit ich endlich loslaufe und meine Baustelle angehe… Und ich baue noch immer, … 

Mit einem Unterschied zu früher:

Das, was ich heute lebe, das, was ich heute tue, fühlt sich gut an. Und es macht mich unabhängig. Reich nicht… Und „anerkannt“ ist es auch nicht sooooo… und dennoch ist es (m)ein wertvoller Beitrag – in so vielerlei Hinsicht… Ob es das richtige Leben ist? Keine Ahnung. Aber es ist meins…

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