Eine halbe Stunde liege ich nun schon neben ihm. Mindestens. Doch an Schlaf ist noch immer nicht zu denken. Zu heiß, zu kalt, zu laut. Durst. Pipi. Schnuller weg… Und warum eigentlich schläft er nicht in seinem Bett, sondern liegt schon wieder bei uns? Sooft haben wir schon darüber gesprochen… Mama und Papa brauchen ihren Schlaf auch. Und Platz… Und überhaupt…
WARUM schläft er nicht ein? WARUM wälzt er sich seit gefühlten Stunden hin und her und hin und her und … Und sobald ich gaaanz langsam versuche, mich raus zu schleichen: „Mama? Da dleibn!“
Ich kann nicht mehr. Und ich hab Hunger. Und Kopfschmerzen. Will einfach nur mal Ruhe. Zum Essen. Zum Rumsitzen… Nur für ein paar Minuten.
Unser Abend. Das war die Zeit des Tages, in der ich mich oft wie ein Spitzensportler kurz vorm Zieleinlauf fühlte. Den ganzen Tag lang hatte ich mich im Außen verausgabt, war an meine Grenzen gegangen – oftmals auch darüber hinaus. Und jetzt, am Abend, versuchte ich mich irgendwie noch drüber zu retten. Über die Ziellinie. Und mitten in dieses „mit Ach und Krach den Tag zu Ende bringen“ kuschelte sich dieser kleine Mensch an mich und wollte Aufmerksamkeit, Zeit… und noch mehr Zeit… Naja, und einfach nicht einschlafen…
… denn auch er hatte seinen Tag gehabt. Und der war aufregend gewesen. Und neu. Sooft waren die Tage für diesen wunderbaren kleinen Menschen neu in dieser Zeit: Das erste Mal Mittagsschlaf ohne Mama. Das erste Mal Brokkoli gegessen. Das erste Mal die große Rutsche im Kindergarten allein hoch und runter. Das erste Mal hinfallen und Mama ist nicht da zum Trösten… So viele erste Male… Und am Abend dann war es einfach an der Zeit. An der Zeit für uns. Für mich. An der Zeit zu verarbeiten. Zu verstehen. An der Zeit zu kuscheln und anzukommen in dieser großen lauten Welt.
Und ich? Ich habe das nicht verstanden. Zu sehr war ich in meiner Erwachsenenwelt gefangen. Und fragte mich, was mit ihm los war… warum er so unruhig war. Nicht einschlafen wollte… Dabei war mit ihm alles in Ordnung. Ist mit ihm alles in Ordnung.
Ich war das „Problem“… Denn wie in aller Welt sollte dieser kleine Mensch in Ruhe einschlafen, wenn ich neben ihm gefühlt auf 300 war? Kurz vorm Zieleinlauf quasi, Adrenalin pur… Ich. Seine Mama. Seine Zuflucht… Und wie in aller Welt sollte er denn das Gefühl haben, daheim ankommen zu können nach einem aufregenden Tag, wenn ich selbst es doch so wenig schaffte? Ja wie sollte er sich bei mir geborgen fühlen, wenn ich es nicht tat?
Heute (ich komme gerade aus unserem Schlafzimmer) liege ich abends oft auch dann noch neben ihm, wenn er schon lange eingeschlafen ist… Ich liege neben ihm und bin glücklich. Glücklich darüber, dass er sich an mich kuschelt und seine kalten Füße an meinen Bauch legt. Darüber, dass er mir noch mindestens drei Geschichten von seinem Tag erzählt, bevor er einschläft. Darüber, dass er so gut riecht… und darüber, dass wir drei – also alles, was ich zum Leben brauche – auf 1,40m Platz haben…
Wie das kam? Ich habe den Leistungssport an den Nagel gehängt. Seitdem ist das Ziel nicht mehr wichtig… Gewinnen erst recht nicht. Ich pfeif auf Vergleiche … und laufe entspannt im hinteren Drittel mit. Mein Ego hasst mich dafür. Aber damit kann ich gut leben…
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