Der feine Unterschied.
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Ich habe keine Zeit! Ehrlich?

keine Zeit

Schon wieder. Ich sage A und mache B. Folgende Szene: Morgens. Ein Termin steht an. Ich bin spät dran, da der kleine Sohn mich – na sagen wir mal –  etwas “gefordert” hat. Ich bringe also den süssen Wutzwerg irgendwann in die Kita (inklusive noch einmal umkehren, weil Rucksack mit Essen vergessen…).

Und dann, ich sitze endlich im Auto vor dem Kindergarten und freue mich kurz über die Stille, fällt mein Blick auf die Uhr – schon halb acht. Scheiße. Zu spät. Aber ein Kaffee muss jetzt her. Zum Mitnehmen. Geht ja schnell…. Also los. Blöde Idee, saublöde Idee… Erst eine lange Schlange im Lieblingskaffeeladen, dann diese tausend nervigen Standardfragen nach Größe, Zutaten, Geschmacksrichtungen, welche Milch, wieviel Milch, und und und… orrrrrrrr!!

Und als ich da so stehe, müde, spät dran, durchgeschwitzt, wütend – da muss ich plötzlich lachen. Über mich. Über mein Gesicht. Über meine Einstellung. Erwischt! Ich bin in die Zeitfalle getappt. Schnell, schnell, schnell, und trotzdem nix gerissen. Gehetzt, unzufrieden, schlecht drauf. Nix läuft – scheinbar. Alles kostet zu viel Kraft und am Ende des Tages herrscht das Gefühl, nur Mist gemacht zu haben, nix wesentliches. Schönen Gruß an die To-do-Liste!

Ja, ich scheine ein Problem mit der Zeit zu haben. Höher, schneller, weiter – von allen Seiten flüstern sie es mir ins Ohr. Und ich sage immer noch und viel zu oft: “Ja. Mach ich. Schau mal, hab ich das nicht toll gemacht? Was? Reicht nicht? Zu langsam? Zu wenig? Zu spät? Stimmt. Entschuldigung. Liegt an mir.”

Multitasking ist cool. Und als Mutter überlebenswichtig – sagt man. Wer kennt sie nicht, die Bilder von den Frauen mit dem Baby auf dem Arm, dem Handy am Ohr und dem Laptop vor sich mit den ganzen wichtigen Sachen drauf. So will man uns? Sorry, so kann ich nicht. Leben neu gedacht. Und weil das nicht von jetzt auf gleich funktioniert, ist Geduld gefragt. Und Einsicht. Dass sich was ändern muss. Dass ich was ändern muss. Den Blickwinkel vielleicht? Wär doch ein guter Anfang, oder?

Und so setze ich mich (nach meinem Termin – ja, das alte Muster) in den Park, schaue auf mich drauf und lausche meinen Gedanken… Fakt ist, alle Menschen haben pro Tag 24 Stunden zur Verfügung. Und Fakt ist auch, dass jeder selbst dafür verantwortlich ist, wie er diese 24 Stunden ausfüllt. Keine Firma, kein Chef, keine böse Gesellschaft, keine Familie – niemand zwingt dich und mich zu irgend etwas… Das hätten wir manchmal gern, damit wir die Schuld für den ganzen Stress und Zeitmangel irgendwo hinschieben könnten. Aber ich glaube, das ist der falsche Ansatz. Klar, wenn du alles willst – eine intakte Familie, einen anspruchsvollen Job, immer Zeit für deine Freunde, immer Zeit für deine Hobbies, die Traumbeziehung, frisch gekochtes gesundes Essen auf dem Tisch – immer – Haus, Auto, Hund … blablabla… tja, dann würden wahrscheinlich auch 48 Stunden pro Tag nicht ausreichen.

Und dann denk ich mir: “Anja, schalt den Fernseher aus und deinen Kopf an und lass dir nicht länger vorgaukeln, wie dein Leben auszusehen hat. Lebe, nach deinen Regeln. Was bedeutet Erfolg – für dich? Wieviel Arbeit muss? Was bedeuten dir Sachen? Könntest du vielleicht weniger konsumieren und dafür mehr genießen? Leben eben? Könntest du?” …

All diese Gedanken, im Park. An diesem Tag. Nach dem Termin. Ja, sicher – ich hatte es verrissen, mal wieder. Erst habe ich mich darüber geärgert und dann nicht mehr, nur noch geschaut, den anderen beim Leben zugeschaut. Wie die das wohl machen?

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